Cosima Quirl: Mein Name ist Cosima Quirl, ich arbeite in der Erziehungswissenschaft, promoviere da im Bereich Theorien der Erziehung und Erziehungswissenschaft. RS: Und Sie? Florian Riemer: Ja, da geht es gleich los mit den Gegensätzen. Ich bin Florian Riemer, ich arbeite in der Biophysik und promoviere da über Hydrogenasen, also Enzyme, die Wasserstoff machen aus Protonen, Elektronen. RS: Und wie haben Sie sich kennengelernt bei den verschiedenen Fachrichtungen? Cosima Quirl: Das war beim Research Communication Day. Ich habe nochmal nachgeguckt, das war 2023 im Februar. Es ging um Kommunikation und dann hatten wir am Ende dieser Veranstaltung noch so eine Poster-Session oder so. Florian Riemer: Post-it-Session. Cosima Quirl: Ja, Post-it-Session, genau, stimmt. Also, dass man so seine Forschungsthemen und seine Forschungsinteressen auf so Post-its schreiben sollte und dann mit anderen PromoventInnen ins Gespräch kommen sollte. Und dann sind wir ins Gespräch gekommen. Wir haben darüber gesprochen, welche Rolle Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte eigentlich hat in den jeweiligen Disziplinen. Und dadurch, dass ich aus der Philosophie komme, hatte ich das im Studium, und du hattest es in der Biologie nicht im Studium. Florian Riemer: Bei uns der Theoriebegriff, der so im Diskurs verwendet wird, ist halt hauptsächlich entweder Lehrbuchwissen oder Simulationen und Modellierungen und solche Geschichten, also was völlig anderes als in den Geisteswissenschaften. Dadurch fehlt manchmal auch so ein bisschen eine Perspektive auf die eigene Arbeit und das fand ich halt auch sehr spannend, weil das ist etwas, das hilft auch in der Forschung und Lehre, finde ich absolut, wenn man sich ein bisschen mehr mit dem eigenen Handwerkszeug beschäftigt, auch theoretisch. RS: Aber ich habe das richtig verstanden: Sie haben sich vor dem Research Communication Day nicht gekannt? Florian Riemer: Nee, ich war ja gerade erst seit drei Monaten in Bochum, gut, dass ich den Weg überhaupt dahin gefunden habe. Cosima Quirl: Genau, und wir haben ja auch, dadurch, dass wir ja räumlich sehr weit voneinander entfernt sind, also das N-Gebäude und das G-Gebäude, wäre es jetzt vielleicht auch nicht passiert, dass wir uns einfach mal so über den Weg gelaufen wären. Dann haben wir einfach Mail-Adressen ausgetauscht und haben uns getroffen und überlegt, ja, wie könnten wir denn so einen Austausch machen, auch mit unterschiedlichen Disziplinen, und wie können wir ins Gespräch kommen über die Frage, was ist eigentlich Theorie? Florian Riemer: Dann haben wir einfach erstmal so ganz locker ein paar Leute zusammengesammelt, von denen wir dachten, die könnten auch irgendwie ein bisschen Interesse haben. Cosima Quirl: Leute gefragt, die wir jetzt schon kannten, also ich habe dann auch einen Kollegen aus der Erziehungswissenschaft gefragt und auch eine Kollegin hier aus dem Zentrum für Wissenschaftsdidaktik, weil ich dachte, die hätten einfach Interesse an dem Thema, und habe die dann einfach mitgeschleppt. Und ich glaube, bei dir war das ähnlich, ne? Florian Riemer: Ja, genau, ich hatte auch noch beim Research Communication Day noch eine andere Kollegin aus der Chemie getroffen, die auch irgendwie so interessiert war in der Richtung. Dann hatte ich auch einen Master-Studenten von uns noch mitgebracht. Und wir sind dann in einer kleinen Gruppe erst mal gestartet im folgenden Semester. Das hat uns dann aber doch irgendwie Spaß gemacht und wir hatten auch das Gefühl, dass uns das irgendwie theoretisch weiterbringt, und dann haben wir einfach mal uns überlegt, wie können wir das jetzt noch ein bisschen auf solidere Beine stellen. Das erste Treffen war ja auch noch vor, bevor die Bewerbung über die Research School wirklich angelaufen ist, und da hat man schon den Sprung gemerkt, also da waren wir noch so im kleinen Kreis, ich glaube zu viert, und dann beim nächsten Mal waren wir, glaube ich, schon sieben Leute. Und das ist jetzt so die Zahl, in der wir bleiben. RS: Gibt es da irgendwie eine Wunschvorstellung, wo Sie gerne mal hin wollten? Was gibt der Raum her, in dem Sie sich treffen? Da hat man wahrscheinlich auch eine begrenzte Aufnahmekapazität. Florian Riemer: Das ist unser Seminarraum, der ist sehr beliebt, weil wir haben da Sofas drinstehen, das ist doch ein bisschen gemütlicher als die meisten anderen Seminarräume. Wir haben jetzt nicht den Drang nach unendlichem Wachstum, also so drei, vier Leute passen da auf jeden Fall noch dazu, bevor es ungemütlich wird. Ich glaube, das ist eigentlich auch eine ganz gute Größe, weil wir haben auch so eine wirklich, ich weiß nicht, wie wir das gemacht haben, aber wir haben irgendwie eine sehr angenehme Diskussionskultur bei uns gefunden. Es kommen alle irgendwie zu Worte und haben alle irgendwie immer einen Beitrag. Cosima Quirl: Man könnte ja denken, so verschiedene Disziplinen, die verstehen sich nicht gegenseitig, also dass man da noch mit sehr unterschiedlichen Begriffen oder Konzepten oder sowas arbeitet. Aber es funktioniert eigentlich ganz gut darüber, dass wir dann ja den gleichen Text lesen. Es ist eigentlich, dass wir immer direkt in die Diskussion starten und schauen: Wie fandet ihr den Text? Was habt ihr nicht verstanden? Und dann ergibt sich das recht organisch eigentlich. Florian Riemer: Dann hat meistens schon irgendjemand einen Hot Take und sagt: Also, das fand ich ja überhaupt nicht so gut, wie der das geschrieben hat! Und dann kommt man eigentlich immer schnell wirklich in medias res. Cosima Quirl: Wir machen es auf Englisch, die Gruppe, die Texte sind auch alle auf Englisch, wir diskutieren auf Englisch und damit halt eben verschiedene Perspektiven die Möglichkeit haben teilzunehmen. Und ich habe das Gefühl, dass gerade internationale PromoventInnen das auch ganz gut nutzen können, so als Vernetzung, zum Ankommen hier, an der RUB irgendwie Austausch finden. RS: Sie treffen sich immer von 16.15 bis 18.00 Uhr, das sind ja fast zwei Stunden. Geht da auch mal irgendwie das Thema aus oder müssen sie auch mal eine Pause machen zum Verschnaufen? Also wie darf man sich die Stimmung im Raum vorstellen? Cosima Quirl: Also es ist schon auch intensiv, würde ich sagen, aber die Zeit geht dadurch eben dann auch schnell um. Manchmal kommen wir dann an einen Punkt, so ganz natürlich, dass wir sagen, okay, so jetzt ist gut, dann hören wir auch auf. Aber manchmal diskutieren wir auch bis zum Ende, weil es gibt halt einfach unglaublich viel her, also man kann ja Ewigkeiten darüber sprechen. Also es wird nicht langweilig, aber es ist schon auch intensiv, würde ich sagen. Vielleicht noch als Ausblick dann fürs nächste Semester: Da werden wir uns so mit feministischer Wissenschaftstheorie beschäftigen, zum Beispiel Butler lesen und Barát und Harding. Also vielleicht ist da ja schon irgendwie was dabei für Interessierte, die sagen, ah ja, das wollte ich schon immer mal machen, dann ganz herzlich willkommen!